Mein Bruder aus Chile

Was schon kurz nach meiner Ankunft in Atlanta geplant wurde ist nun Wirklichkeit geworden: Am Montag den 31. Januar ist mein Gastbruder angekommen. Ignacio ist ein Jahr älter als ich und kommt aus Chile. Er wird ein ganzes Jahr, also volle 12 Monate hier verbringen, da das Schuljahr in Chile in deren Sommer, also unserem Winter anfängt. Da er abends gegen halb 6 Uhr in Alpena gelandet ist und ich um 6 Uhr für ein Basketballspiel in der Schule sein musste, konnte ich leider nicht mit und ihn abholen. Aber beim Essen nach dem Spiel konnten wir uns kennenlernen. Wir haben uns auf Anhieb sehr gut verstanden.
Am Mittwoch war dann sein erster Schultag in Atlanta. (Nach mehr als 30 Stunden im Flieger und an Flughäfen, durfte er Dienstag noch Zuhause bleiben) Wir sind morgens gemeinsam mit dem Bus zur Schule gefahren, wo ich mit ihm im Sekretariat seinen Stundenplan abgeholt habe. Auf dem Weg zum Frühstück haben wir gleich noch bei Mr. Mayville angehalten, der sein Howl-Lehrer ist. Das ist der einzige Unterschied zwischen unseren Stundenplänen. Den Rest haben wir gemeinsam, was den Vorteil hat, dass er die Räume nicht suchen musste und ich ihm im Zweifelsfall auch mit den Aufgaben helfen kann.
Nach der Schule konnten wir gemeinsam mit dem Bus nachhause fahren, da ich wie bereits am Montag, auch am Mittwoch ein Heimspiel hatte. (Wenn wir woanders spielen oder nur Training haben, bleibe ich immer in der Schule)
Donnerstag und Freitag musste er deshalb alleine mit dem Bus nach Hause fahren. Donnerstag hatte ich nach der Schule erst Softball-Training und im Anschluss direkt noch Basketball. Softball ist bisher noch freiwillig und eher für die Pitcher und Catcher, aber wir üben auch das Schlagen. (Softball ist ähnlich wie Baseball, allerdings für Mädchen. Der Ball ist größer, nicht weicher! und die Wurftechnik ist anders.) Da wir bei ständigen Minusgraden und Schnee nicht draußen üben können, sind wir zurzeit noch in der Turnhalle der Grundschule, wo uns auch ein Netzgehege zur Verfügung steht, in dem wir das Schlagen üben können. Dafür gibt es extra weiche Softbälle, weil die Distanz doch eher kurz ist. Letzte Woche mussten wir allerdings in die High School Turnhalle wechseln, da in der Grundschule Blutspenden stattgefunden hat.
Freitag hatten wir dann ein Basketballspiel in Posen. Es war das schlechteste, das wir je gespielt haben. Bei der Teambesprechung während der Halbzeit ist Coach ziemlich ausgerastet. Sie hat uns erstmal gesagt, dass sie das normalerweise nicht macht und dann hat sie uns angeschrien. So habe ich sie noch nie erlebt. Das ganze Team war ziemlich niedergeschlagen. Viel geholfen hat es allerdings nicht. Wir haben um 60 Punkte verloren. Was aber zumindest für mich noch schlimmer, als schlecht gespielt und verloren zu haben ist, dass das Training am Sonntag ausgefallen ist. Wir hatten also keine Chance vor dem nächsten Spiel am Montag darüber zu sprechen. Nach vier Minuten Nachspielzeit haben wir mit einem Punkt Vorsprung noch knapp den Sieg geschafft. Wir hätten mehr rausholen können, aber wir sind froh über ein verhältnismäßig gutes Comeback.

Samstag Abend gab es für uns High Schooler nach der Niederlage trotzdem noch ein Highlight: der Snowballdance. Es war wie Homecoming im letzten Jahr, nur dass ich diesmal mehr Leute kannte und es entsprechend noch mehr Spaß gemacht hat. Es war sehr schön und ich habe mir wieder einmal gewünscht, dass dieses Jahr nie zuende geht.

Montag ging die Schule dann wieder normal weiter. Und der kurze Traum vom unendlichen und wunderschönen Jahr in den USA wurde im Schulalltag erstickt. Schön ist es immernoch, aber es gibt halt einen Unterschied zwischen schön und wunderschön.

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